Hello!
Wie Ihr seht, bezieht sich mein heutiger Comic auf die Meldung, dass die FAZ ihre eigenproduzierten Comics eingestellt hat. Die Hintergründe dazu könnt Ihr diesem Tagesspiegel-Artikel entnehmen. Einige Comiczeichner haben dazu schon Kommentare abgegeben, so wie auch Volker Reiche, Ralf König oder Flix. In einem Interview mit Flix las ich vor längerer Zeit, dass Projekte wie „Faust“ ohne die Vorfinanzierung durch die FAZ nicht möglich gewesen wären, durch das Honorar von Carlsen alleine wäre das nicht gegangen. Nicht zuletzt erreichen die Comics durch die Publikation in einer Tageszeitung ein großes Publikum bzw. eine größere potentielle Käuferschaft jenseits der klassischen Comicleserschaft. Das ist ein enorm wichtiger Faktor, um den die Verlage sich seit Jahren Gedanken machen. Insofern ist der Wegfall der Comicrubrik nicht ganz bedeutungslos.
That’s all, folks?
Die Krise der Zeitungsbranche lässt sich nicht von der Hand weisen. Meistens ist der Schuldige schnell im Internet und der „Umsonstkultur“ gefunden, an anderer Stelle diskutiert man die mangelnden Einfälle der Zeitungsbranche dem etwas entgegenzusetzen. Diese Frage kann ich nicht klären. Ich weiß nur: Das Internet ist jetzt da und es wird auch nicht mehr weggehen.
Ich ertappe mich, wie ich den Gedanken fasse „All good things must end.“ und dass es eben der Tribut des Fortschritts ist.
Or is it?
Es gibt trotzdem ein paar Gedanken, die mich beschäftigen. Die Comics in der FAZ erschienen bisher viermal die Woche und kosteten der Zeitung nach eigener Aussage ein Honorar mit mehreren hundert Euro pro Folge. Liesse sich zwischen Letzterem und dem gänzlichen Wegfallen der Comics nicht vielleicht noch einen Mittelweg einrichten, indem man z.B. weniger Folgen pro Woche druckt?
Sicherlich sollte sich auch der begeisterte Comicfan die Frage stellen, ob Comics für alle anderen Menschen denselben Stellenwert haben. Das ist sicherlich nicht so und das ist auch völlig in Ordnung. Doch besonders die Comics in Tageszeitungen werden von so einigen Menschen gelesen und ob sie es bewusst oder unbewusst wahrnehmen… Comics haben eine Wirkung! Ob als ein beruhigendes Gegenprogramm zum aufwühlenden politischen Tagessgeschehen oder als meinungsbildendes Instrument. Welche Lawinen ein Strip mitunter bewirken kann, kann man z.B. in diesem Artikel auf der Seite von Lynn Johnston nachlesen, der Zeichnerin von For Better And Worse, die 1993 eine Story zeichnete, in der eine ihrer Figuren ihr Coming-Out hatte.
Ein weiterer Gedanke ist der, inwiefern es eine gute Idee ist, dass sich eine Zeitung ihrer Alleinstellungsmerkmale entledigt. Einerseits hat man jetzt mehr Geld zur Verfügung, andrerseits fallen immer mehr Eigenheiten weg, die den Charakter der Zeitung ausmachen. Hilft das wirklich gegen die vermeintliche Konkurrenz im Internet?
Internet killed the print star?
Mich als Webcomiczeichnerin sollte die ganze Angelegenheit gar nicht kümmern. Oder? Au contraire. Abgesehen von der Solidaritätsfrage gegenüber meinen Kollegen und dem Einschnitt in der Publikumsreichweite von Comics gibt es noch eine andere Tatsache, die oft vergessen wird: Es ist noch nicht soweit, dass man im Internet mit Comics genauso viel Geld verdienen kann wie mit Printmedien à la FAZ.
Ich höre oft Argumente, die leuchtende Beispiele von Crowdfunding, Micropayments und Patreon zitieren. Es gibt amerikanische Webcomiczeichner , die auf Patreon Tausende von Dollar für ihre Comics verdienen. Das ist richtig und doch kann ich aus persönlicher Erfahrung und aus dem Austausch mit amerikanischen Zeichnern schliessen: Hier ist es anders. In Deutschland ist die potentielle Leserschaft erstmal kleiner. Mit einem englischsprachigen Webcomic erreicht man viele Teile der Welt. Und oft sind viele der Webcomiczeichner aus den USA, die eine erfolgreiche Monetarisierung durch das Netz erleben schon seit Jahren tätig und haben sich eine treue Leserschaft erarbeitet. Ein gänzlich unbekannter Zeichner hat auch dort seine Schwierigkeiten. Einen Comicstrip mit mehreren Hundert Euro pro Folge hierzulande durch Crowdfunding bzw. durch Patreon zu finanzieren ist, wäre sicherlich kein Kinderspiel. Nicht zuletzt kostet so eine Crowdfunding-Kampagne auch einen nicht unwesentlichen Anteil an logistischem Aufwand, der nicht jedem Zeichner liegt. Ich selbst verdiene zum ersten Mal wirklich Geld mit der Veröffentlichung des Ponyhofs bei Panini. Mir gehts super, keine Jammerei von meiner Seite, aber es bleibt anzumerken: Aussenwahrnehmung is a bitch.
Ich bin trotzdem optimistisch.
Wir befinden uns in einer Übergangsphase, der gesamte Printmarkt verändert sich bereits und ich bin überzeugt, dass wir einen Weg finden, wie sich Inhalte im Netz finanzieren lassen. Noch ist es nicht soweit. Und bis dahin möchte ich ein Zeichen setzen, dass es nicht ganz egal ist, wenn der Comic aus den Tageszeitungen verschwindet.
Wenn es Euch auch nicht egal ist, könnt Ihr ja mal überlegen einen Brief an die FAZ zu schreiben. Vielleicht kann man die Herausgeber ja doch noch überzeugen über einen Kompromiss nachzudenken und weiterhin in Comics zu investieren. Und wenn nicht, hat man den Comics in der FAZ wenigstens einen würdevollen Abschied bereitet.